EINLEITUNG
1 ) Der Standort des Strafrechts im Recht
- Bürgerlichen Recht < Strafrecht, als eines der drei klassischen Rechtsgebiete < Öffentlichen Recht
- Es gibt zwei prinzipiell verschiedene Arten von rechtlichen Beziehungen :
. zwischen gleichberechtigten - égaux en droit - Rechtssubjekten ( Privatrecht )
. zwischen Hoheitsträgern - détenteur de la souveraineté - und Rechtsunterworfenen - sujet de droit justiciable - ( öffentliches Recht )
- Der Staat und der Bürger stehen sich gegenüber => daher gehört das Strafrecht zum ö. Recht.
- Recht : Privatrecht, öffentliches Recht ( Strafrecht, übriges öffentliches Recht wie Verfassungsrecht oder Verwaltungsrecht )
- Das Strafrecht ist selbstständlich gegenüber dem übrigen Öffentlichen Recht aber es hat auch Zusammenhangen mit diesen.
- Das Strafprozessrecht behandelt das Verfahrensrecht. Das Verfahren : die Ermittlung - l'enquête - und die Entscheidung der Sachverhalte - état des faits, circonstances - .
- Man muss für jeden nur denkbaren Sachverhalt die richtige Lösung finden.
- Es gibt auch Nebenstrafrecht mit weiteren Straftatbeständen - éléments de l'infraction - , das NbStrafrecht hat in der Praxis eine grosse Bedeutung.
- Man muss den Begriff des Strafrechts vom Ordnungswidrigkeiten - recht unterscheiden : in ihrem Wesen und hinsichtlich der Rechtsfolgen, es gibt keinen Begriff "Schuld". Die Strafen sind Geldbussen
2 ) Das Strafgesetzbuch
- Das StGB stammt aus dem Jahre 1871 und wurde seitdem oft geändert ( bis Juli 2004 : 198 Änderungen ).
- Der Grundgedanken eines Strafgesetzes ermöglicht auch Bestrafungen.
- Das StGB wurde im Jahre 1953 von nationalsozialistischen Vorschriften befreit.
- Im Jahre 1969 wurde die Freiheitsstrafe modernisiert und der Allgemeine Teil wurde neugefasst.
- Das StGB enthält das Kernstrafrecht, also die Rechtsnormen.
- Im AT finden sich allgemeine Regelungen, die bei jedem einzelnen Straftatbestand des Kern-oder Nebenstrafrechts eine Rolle spielen oder spielen können. Im BT finden sich, nach Abshnittsüberschriften gruppiert, etwa 300 einzelnen Straftatbestande ( Wer X tut, wird mit Y bestraft ). Der AT gilt also für das ganze Strafrecht, während der BT nur das Strafgesetzbuch betrifft.
- Der AT ist unvollständig.
3 ) Die internationalen Aspekte des Strafrechts
a - Geltungsbereich des deutschen Strafrechts
- Es geht nur um die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts in Fällenmit Auslandsbezug. Deutsche Gerichte wenden niemals ausländisches Strafrecht an. Das ( deutsche ) Internationale Strafrecht enthält also lediglich einseitige deutsche Kollisionsnsormen, dass sie den Anwendungsbereich des deutschen Strafrechts auf Taten mit Auslandsbezug regeln.
Il ne s'agit que de l'applicabilité du droit pénal allemand dans les relation etrangere. Des tribunaux allemands n'appliquent jamais un droit pénal étranger. (Allemands) le droit pénal international contient ainsi des Kollisionsnsormen allemands seulement unilatéraux qu'ils règlent le champ d'application du droit pénal allemand sur des actes avec l'achat d'étranger.
- Bei der Prüfung des Internationalen Strafrechts ist ein zweistufiges ~ double ~ Vorgehen erforderlich.
Lors de l'examen du droit pénal international, une procédure à deux étages est nécessaire
- Das deutsche Strafrecht schützt nur deutsche Rechtsgüter.
b - Europäisches und Völkerstrafrecht
- Es gibt nicht ein europaweit einheitlich geltendes materielles Strafrecht. Grund dafür ist die fehlende Regelungsbefugnis der europäischen Institutionen auf dem Gebiet des Strafrechts.
Il n'y a pas un droit pénal matériel à l'échelle européenne uniformément en vigueur. La raison pour cela est le pouvoir de règlement manquant des institutions européennes sur le secteur du droit pénal.
- Es gibt jedoch ein Tendenz, die nationalen Strafrechtsordnungen aufeinander abzustimmen.
- Unter Völkerstrafrecht versteht man das Strafrecht ( Verbote und Gebote ). Es erfasst Verbrechen wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen den Frieden und Kriegsverbrechen.
Par un droit pénal de peuple, on entend droit pénal (interdictions et enchères). Il saisit des crimes comme des crimes contre l'humanité, contre la paix et un crime de guerre.
- Am 30. Juni 2002 ist in Deutschland das Völkerstrafgesetzbuch ( VStGB ), das ein nationales Gesetz ist, in Kraft getreten. Im VStGB werden Straftatbestände ( Gesetzlichkeitsprinzip ) normiert.
Le 30 juin 2002 en Allemagne, le code pénal de peuple (VStGB) c'est une loi nationale, est entré en vigueur. Dans le VStGB, des délits (principe de légalité) sont normalisés.
- Vor dem Inkrafttreten waren die Verbrechen gegen das Völkerrecht nicht vollständig erfasst, aber es gab keine speziellen Strafnormen für Verbrehen gegen die Menschlichkeit und gegen Kriegsverbrechen.
Avant l'entrée en vigueur les crimes n'ont pas été saisis complètement contre le droit international public, mais il n'y a pas eu de normes de punition spéciales pour des crimes contre l'humanité et contre des crimes de guerre.
4 ) Zur Geschichte des Strafrechts
- Die Strafrechtsgeschichte ist gekennzeichnet durch den Weg von der privater zur öffentlichen Strafe. Im germanischen Recht war das Strafrecht vor allem privates Strafrecht. Die Strafttaten lösten die Fehde aus.
- In der fränkischen Zeit erstarkte die Staatsgewalt. Sie bemühte sich, Fehde und Rache zurückzudrängen - repousser -, und betonte den öffentlichen Charakter der Strafe. Die Volksrechte sahen die Möglichkeit vor, Straftaten durch Zahlung einer Busse an den Verletzen und Entrichtung eines Friedengeldes an die Obrigkeit zu ahnden - punir - .Für schwere Taten wurde ein differenziertes Strafensystem entwickelt.
- Um das 11. Jahrhundert kam es zu einer Schwächung - affaiblissement - der Staatsgewalt. Dies bewirkte eine Reprivatisierung der Strafe. Die Staatsgewalt versuchte die öffentliche Strafrechtspflege wieder durchzusetzen. Nach Landsfrieden von Worms ( 1495 ) wurde die Fehde allmählich überwunden - surmonter - .
- Die " Carolina " ( Constitutio Criminalis Carolina ) wurde nach dem Vorbild der Bambergischen Halsgerichtsordnung von 1507 geschaffen. Sie gilt als das bedeutendste Gesetz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Sie war eine Strafprozessordnung, in der man Strafrechtspflege in Deutschland für Jahrhunderte, in manchen Gebieten bis zum Erlass des heutigen Strafgesetzbuches von 1871 gestaltet.
- Das Landesrecht ging dem Reichsrecht vor. Dank ihrer inneren Autorität blieb die Carolina dennoch bis ins 17. Jahrhundert die Grundlage des deutschen Strafrechts.
- Die wichtigsten Errungenschaften - acquis - der Carolina waren : Überwindung - franchissement - des privaten und endgültige - irrévocable - Durchsetzung des öffentlichen Charakters, umrissene Straftatbestände, Ablösung - remplacement - der Erfolgshaftung durch die Schuldhaftung, Definition des Versuchs - tentative - und Weiterentwicklung der Teilnahmelehre.
- Im 18. Jahrhundert traten aufgrund der Zersplitterung - morcellement - des deutschen Staates Partikularstrafgesetzbücher an die Stelle der Carolina. Die Ideen der Aufklärung bewirkten eine Rationalisierung des Strafrechts und eine Humanisierung der Strafen ( Abschaffung der Folter - torture - ).
- 1813 begründete Paul Johann mit dem bayerischen Strafgesetzbuch das moderne Strafrecht. Mit ihm beginnt die Epoche des liberalen Rechtspositivismus und der genauen Tatbestandsbeschreibung, basierend auf der Idee der Generalprävention, striktes Analogieverbot, begriffliche Schärfe, systematischer Aufbau.
STRAFTAT UND GRUNDSÄTZE DER STRAFNORMEN
1 ) Die Struktur der Straftat
- Der Aufbau der Straftat orientiert sich nach der heutigen Meinung am finalistischen Verbrechensbegriff.
. Tatbestandsmässigkeit : a - Objektiver Tatbestand
- Erfolgseintritt ( bei Erfolgsdelikten ) > l'action doit avoir été commise
- durch eine menschliche Handlung > fait par un être humain
- Kausalität der Handlung für den Erfolgseintritt ( bei Erfolgsdelikten ) > lien de causalité
- objektive Zurechenbarkeit - imputabilité - des Erfolges ( bei Erfolgsdelikten ) > l'atteinte à l'ordre public
b - Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz > l'intention
- sonstige subjektive Merkmale > l'intention réelle / motivée par intérêt
. Rechtswidrigkeit ( durch die Tatbestandsmässigkeit der Tat indiziert ) > l'illégalité du fait
. Schuld ( durch die Rechtswidrigkeit indiziert - indiquer - , erfordert regelmässig keine besondere Prüfung ) > culpabilité
. Sonstige Merkmale, wie persönliche Strafaufhebungsgründe > moyen qui suspend l'illégalité, le fait n'implique pas forcément l'infraction
2 ) Das Gesetzlichkeitsprinzip
a - Historische Entstehung
- Nach § 1 des StGB kann eine Tat nur bestraft werden, " wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde " .
- Après § 1 du StGB un acte peut être puni seulement, « si le caractère pénal a été déterminé juridiquement, avant que l'acte n'ait été commis ».
- Bevor : Bestrafung war möglich nach gesundem Volksempfindenc'est d'après le sentiment populaire qu'est décidé l'illégalité : eine der vielen Unrechtsmassnahmen mesure d'injustice dieser Diktatur.
- Heute ist das Gesetzlichkeitsprinzip als fundamentaler Grundsatz des Rechtsstaats international weithin anerkannt.
b - Verfassungsrang
( Dès qu'il y a violation du principe de constitutionnalité, il y a possibilité d'engager une procédure devant la Cour constitutionnelle ).
- In Deutschland ist das Gesetzlichkeitsprinzip ein Grundrecht ( nach Art. 103 Abs. 2 GG ). Es bindet - lier - den Gesetzgeber und den Richter.
c - Bedeutungen
- Dieses Prinzip hat vier Bedeutungen :
1 - das Verbot von Gewohnheitsrecht > droit Coutumier
2 - das Analogieverbot zuungunsten des Täters > l'interdiction d'analogie au préjudice de l'auteur
3 - das Verbot von Unbestimmtheit - incertitude - : Strafgesetze müssen bestimmt sein
4 - das Rückwirkungsverbot - pas de rétroactivité de la loi pénale
3 ) Gesetzesauslegung und Gesetzeanwendung
- Gesetzesauslegung - interprétation de la loi - : Es gibt die systematische ( ihrer Stellung im Normgefüge ), historische ( bei dieser wird nach den Motiven des Gesetzgebers gefragt ) und teleologische Auslegung ( die Ermittlung - détermination - der Normzwecks )
- Gesetzesanwendung - application de la loi - : der Rechtsanwender ist an das Gesetz gebunden ( Art. 103 Abs. 2 GG ).
4 ) Der gesetzliche Tatbestandes
a - Begriff und Struktur des Tatbestandes fait penal
- Der Bestand - l'existence - einer Tat wird im gesetzlichen Tatbestand fixiert. Der Begriff " Tatbestand " ist ein Fachterminus - terme technique - und bezeichnet - désigner - die abstrakte Beschreibung einer Straftat im Gesetz >
- Die konkrete Beschreibung einer Straftat in der Wirklichkeit : Sachverhalt.
- Struktur der Straftatbestände : " Wer X tut, wird mit Y bestraft "
- Der Tatbestand hat einen objektiven ( der Sachverhalt unter die gesetzlich bestimmten Tatbestandsmerkmale ) und einen subjektiven Aspekt ( der Vorsatz des Täters ).
b - Kausalität und objektive Zurechnung - imputation -
- Viele Tatbestände erfordern - exiger - neben der Handlung die Verletzung eines Objekts, wie was verreichte Absicht bedeutet. >a cote de la destruction d'un objet il est necessaire d'avoir une intention
- Um dem Täter den Erfolg zurechnen zu können, muss festgestellt werden, dass sein Tun für den Eintritt eben dieses Erfolges kausal war. (Pour imputer le "succés" à l'auteur, on doit constater que son agissement était justement causal pour la mise en oeuvre de son "succès".). Die Prüfung, ob dies der Fall ist, wird anhand - au moyen de - der Äquivalenztheorie vorgenommen - entreprendre - .
c - Der Vorsatz
- Voraussetzung für die Zurechnung einer Tat zu einem konkreten Täter ist der Nachweis - la preuve - , dass er vorsätzlich - délibérément - gehandelt hat. Les condition servant a lie un acte a son auteur sont les preuves qu'il a agit deliberement
Vorsatz ist die subjektive Seite der Tat und bedeutet, dass der Täter willentlich und in Kenntnis aller objektiven Umstände verwirklicht haben muss > das Bewusstsein - la conscience - des Täters
- Der Vorsatz kann in drei Formen vorliegen :
. dolus directus 1. Grades ( Absicht ): Die Verwirklichung - la réalisation - des Tatbestandes ist das Ziel, das der Täter erfüllen will.
. dolus directus 2. Grades ( Wissentlichkeit ): Der Täter handelt trotz sicheren Wissens über die Erfüllung des Tatbestandes. Der Wille folgt aus dem Wissen.
. dolus eventualis: Der Täter handelt, obwohl er die Erfüllung des Tatbestandes für möglich hält > Eventualvorsatz
Nur manche Normen verlangen eine bestimmte Art des Vorsatzes, wo dolus evantualis nicht ausreichend ist.
Die Rechtswidrigkeit.
Form und Funktion der Rechtfertigungsgründe Fait justificatif
- Wenn nicht ein besinderer Rechtfertigungsgrund - fait justificatif - diese Indizierung widerlegt - réfuter - ist, ist die Tat rechtswidrig.
- Die Rechtfertigungsgründe bestehen aus objektiven und subjektiven Merkmalen, daher wird vom objektiven und subjektiven Rechtfertigungstatbestande gesprochen. Um den Täter zu rechtfertigen - disculper -, reicht es nicht aus, dass er die objektiven Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes erfüllt. Er muss zusätzlich in Kenntnis dieser Voraussetzungen und mit dem Willen zur Verteidigung handeln.
- Die Rechtfertigungsgründe sind Erlaubnistatbestand - faits autorisés -, die die Rechtswidrigkeit einer Tat beseitigen - supprimer / éliminer -.
- Bei der Prüfung, ob eine Tat gerechtfertigt ist, muss zunächst stets festgestellt werden, ob überhaupt ein Straftatbestand erfüllt worden ist. Mit anderen Worten darf der Rechtsanwender - juriste / justiciable - nicht nur das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen prüfen, sondern ist gehalten, zunächst eine Strafnorm zu ermitteln, welche die Strafbarkeit - pénalité – begründet.
Lors de l'examen, si un acte est justifié, on doit d'abord constater toujours si un délit a effectivement été réalisé. En d'autres termes le juriste ne peut pas seulement examiner la présence des justifications, mais est tenu de d'abord déterminer une norme de punition qui justifie la penalite.
1 ) Notwehr - légitime défense -
- Das Notwehrrecht wird einmal individualrechtlich, zum anderen sozialrechtlich begründet. Die individualrechtliche Begründung beruft sich auf den Gedanken des Selbstschutzes > Schutzprinzip
- Die Notwehr erfordert objektiv eine Notwehrlage - contexte - und eine Notwehrhandlung - agissement -. Die Notwehrlage setzt ~ suppose ~ einen gegenwärtige - présent - rechtswidrigen Angriff - attaque - auf einnotwehrfähiges Gut voraus. Angriff attaque ist durch eine drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen einem Menschen. Der Angreifer muss ein Mensch sein, weil nur ein Mensch rechtswidrig ist.
- Der Angriff muss zur Zeit der Notwehrhandlung gegenwärtig sein und ist rechtswidrig, wenn er in Widerspruch - contradiction - zur Rechtsordnung steht. Die Notwehrhandlung besteht aus einer erforderlichen - nécessaire / indispensable - und gebotenen Handlung.
- Die Verteidigung - la défense - ist im Normalfall auch geboten, allerdings - toutefois - ergeben - résulter - sich Einschränkungen - restrictions -, wenn der Angriff durch einen Schuldlosen, ein Kind, einen Geisteskranken verübt - commettre - wird. In diesen Fällen ist der Angegriffene verpflichtet, diesem Angriff zunächst auszuweichen - éviter -, bevor er eine schärfere Verteidigungsart anwendet - appliquer -. Der Angegriffene muss die Notwehrlage kennen und mit dem Willen zur Verteidigung handeln.
2 ) Rechtfertigender Nostand - état de nécessité -
Der Notstand beruht auf dem Gedanken der Interessenabwägung - idée de l'équilibre des intérêts - .
a - Defensivnotstand
- Die Voraussetzung condition des Defensivnotstandes ist zunächst eine Notstandslage situation d'etat d'urgence, also die drohende Gefahr für ein Rechtsgut
- Die Notstandshandlung besteht in der Beschädigung - dégâts - oder Zerstörung - destruction - der Sache, von der die Gefahr ausgeht. Es gibt zwei Voraussetzungen an diese Handlung : die Notstandshandlung action en etat d'urgence muss zur Abwendung - empêchement - der Gefahr erforderlich sein und die Abwägung der Interessen - prise en considération de tous les aspects - muss zugunsten - en faveur - des geschützten Interesses ausfallen - être suprimé - .
- Die Handlung zur Abwendung der Gefahr ist dann erforderlich, wenn sie geeignet ist, diese Gafahr zu beseitigen - éliminer - und wenn es kein anderes, gleich wirksamen Mittel gibt, um dies zu erreichen.
- Zuletzt ist zu prüfen, ob die Interessenabwägung die Notstandshandlung rechtfertig.
defensiv: Treten des angreifenden Hundes
aggressiv: zur Abwehr des Hundes wird der Regenschirm eines Dritten verwendet
b - Aggresivnotstand
- Der Aggressivnotstand beruht auf - être basé sur - dem Gedanken, dass die Inanspruchnahme - exigence - von unbeteiligten Interessen nicht strafbewehr ist.
- Wenngleich die Beschädigung oder Zerstörung dieser Sache nicht strafbar ist, zum Ausgleich - compensation - wird ihm ein Schadenersatzanspruch - droit à dédommagement - gewährt.
- Die Gefahr ist durch eine beliebige - arbitraire - Ursache eingetretener - produit - ungewöhnlicher Zustand etat, in dem der Eintritt des Schadens wahrscheinlich ist.
- Das geschützte Interesse muss das beeinträchtigte - portant atteinte - Interesse wesentlich überwiegen - prédominer -.
3 ) Einwilligung
- Der Grundgedanken der Einwilligung - le consentement - besagt - signifier -, dass die Rechtsordnung nicht zu schützen braucht, was der Verletzte preisgibt - abandonner -. Im Unterschied zu anderen Rechtfertigungsgründen wie Notwehr und Notstand, ist dieser Rechtfertigungsgrund ungeschrieben.
- Die Voraussetzungen der Einwilligung :
. Dispositionsbefugnis über das Rechtsgut pouvoir de disposition sur l'objet de droit
. Einwilligungsfähigkeit capacite de consentement
. Kundgabe der Einwilligung nach aussen vor der Tat manifestation exterieur du consentement avant l'acte
. Keine Willensmängel - vice du consentement -
. Im Falle der Körperverletzung : keine Sittenwidrigkeit - immoralité -
- Bei der Einwilligung ist eine Einwilligungsfähigkeit erforderlich. Diese beurteilt sich nicht nach den zivilrechtlichen Regeln über die Geschäftsfähigkeit - capacité à être titulaire de droits et à les exercer - , sondern nach der konkreten Urteils- und Einsichtsfähigkeit - capacité de discernement -.
- Eine Genehmigung - approbation -, also eine nachträgliche Zustimmung, ist keine Einwilligung. Es dürfen keine Willensmängel vorliegen, die Einwilligung muss freiwillig, ernstlich und in Kenntnis aller Umstände erteilt worden sein.
4 ) Festnahmerecht
- Jedermann hat das Recht, einen auf frischer Tat " in flagranti " betroffenen oder verfolgten Täter vorläufig - provisoirement - festzunehmen, um ihn der Obrigkeit zu übergeben - transmettre -. Chacun a le droit d'arreter en flagrant delit une personne et de l'amener aux autorités
- Die Voraussetzungen conditions sind :
. Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt etre concerne par le flagrant delit ou etre poursuivi
. Festnahmegrund : Fluchtgefahr oder Unmöglichkeit der Identitätsfeststellung - identification – Raison d'arrestation > risque d'evasion ou
. Verhältnismässigkeit - proportionnalité - der Massnahme
5 ) Sonstige Rechtfertigungsgründe
- Es können andere Rechtfertigungsgründe in Betracht - en considération - kommen :
. Züchtigungsrecht - droit de punition - der Erziehungsberechtigten - ayant droit à l'éducation -,
. rechtfertigende Pflichtenkollision - conflit d'attribution -,
. Wahrnehmung - perception - berechtigter Interessen,
. Selbsthilfe - autonomie -,
. sonstige bürgerlich-rechtliche Notrechte,
. behördliche Genehmigungen - approbation - und Erlaubnisse.
DIE SCHULD
- Die herrschende Meinung in der Strafrechtwissenschaft folgt dem Schuldprinzip. Die Handlung des Täters muss schuldhaft sein, also es muss möglich sein, dem Täter daraus einen Vorwurf reproche zu machen.
- Diese Vorwerfbarkeit reprochabilité resultiert daraus, dass der Täter rechtswidrig gehandelt hat, obwohl er unter den konkreten Umständen des Einzelfalles fähig war, eine Entscheidung zur Normtreue zu treffen. Innerhalb der Schuld ist festzustellen, ob der Täter überhaupt schuldfähig - responsable - war und ob eventuelle Entschuldigungsgründe - motif d'excuse - zu seinen Gunsten - bénéfice - eingreifen.
1 ) Schuldfähigkeit
- Strafbar ist nur, wer schuldfähig ist. Das StGB regelt Fälle der mangelnden - manquant - Schuldfähigkeit, die von verschiedenen Umständen abhängig sind. Zunächst wird bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit an das Alter angeknüpft.
- Die Prüfung, od der Täter zur Zeit der Tat schuldfähig war, vollzieht sich - s'effectuer - in zwei Stufen :
. zunächst ist zu prüfen, ob biologisch gesehen ein anomaler Zustand bestand,
. wenn es der Fall war, ist zu prüfen, ob der Täter gerade wegen dieses Zustandes unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
- Der Täter ist nur vermindert schuldfähig, wird die Schuld nicht ausgeschlossen, die Strafe kann jedoch gemildert - diminuer - werden.
Ein wichtiges Beispiel für die Schuldunfähigkeit ist die Trunkenheit - état d'ébriété - : ab 3,0 Promillen : Schuldfähigkeit, ab 2,0 bis 3,0 Promillen : verminderte Schuldfähigkeit.
2 ) Unrechtsbewusstsein - connaissance du caractère illicite des faits commis -
- Der Täter kann darüber irren, ob sein Tun ein Unrecht darstellt, also darüber, dass seine Handlung rechtlich verboten ist. In diesem Fall fehlt ihm das Unrechtsbewusstsein. Wenn der Täter einem solchen Irrtum unterliegt, kann seine Strafe gemildert werden.
- Der Täter kann einen solchen Irrtum nicht vermeiden, wenn er keinen Anlass - cause - hatte, sich über das Verbotensein zu informieren oder wenn er bei sorgfältiger Prüfung und Erkundigung - information - in diesem Irrtum trotzdem befangen - inhibé / partial - bliebe.
3 ) Entschuldigungsgründe
- Die Entchuldigungsgründe schliessen bei deren Vorliegen die Schuld des Täters aus.
a - Entschuldigender Notstand
- Der entschuldigende Notstand weist bestimmte Parallelen zum rechtfertigenden Notstand auf.
- Voraussetzung ist das Bestehen einer Notstandslage. Es muss eine gegenwärtige Gefahr für bestimmte im Gesetz genannten Rechtsgüter bestehen :
. Leben,
. Leib: nur bezogen auf Gefahr erheblicher Verletzungen
. Freiheit: nur die körperliche Fortbewegungsfreiheit
- Diese Gefahr muss dem Täter einer zu entschuldigenden Tat oder einem seiner Angehörigen oder einer ihm sonst nahestehenden Person drohen.
- Eine "nahestehende Person" ist eine Person, deren Bedrohung eine seelische Zwangslage - état de nécessité - beim Täter hervorrufen kann, also eine Person, zu welcher der Täter in einer besonders nahen Beziehung steht ( Hausgemeinschaft, Liebesbeziehung ).
- Beim Vorliegen dieser Umstände darf der Täter eine erforderliche Notstandshandlung ausüben - exercer - .
- Die Voraussetzung der erforderlichkeit bedeutet, dass der Täter grundsätzlich verpflichtet ist, zunächst der Gefahr auszuweichen - éviter -. Das angewandte Verteidigungsmittel muss zur Abwendung der Gefahr geeignet - convenir - sein und von allen verfügbaren Mitteln das Mildeste.